Heute jährt sich der Todestag des damals 14. jährigen Berin Elvan zum sechsten Mal. Am 27. Mai 2013 hatten die sog. “Gezi-Proteste” zunächst in Istanbul und sich dann landesweit ausgebreitet. Damals hatte die Regierung von Ministerpräsident Erdoğan beschlossen, die Bäume im Gezi-Park zu fällen und diesen zu bebauen. Bei den landesweiten Protesten, die sich binnen kürzester Zeit zu Protesten gegen die Regierung ausgebreitet hatten, kamen 12 Personen ums Leben und Tausende wurden verletzt.
Auf dem Höhepunkt der Proteste war Berkin Elvan am 16. Juni 2013 aus seinem Elternhaus in Istanbul Okmeydanı gegangen um Brot zu kaufen. Dabei wurde er von einer Tränengaspatrone der Polizei am Kopf getroffen und hatte sich dabei schwer verletzt. Nach einem 269 Tage lang andauernden Überlebenskampf verstarb der Junge an seinen Verletzungen am 11. März 2014.
Die Gendarmerie hatte erst nach sechs Jahren einen Bericht zu der Todesursache des Jungen fertiggestellt. Darin geht die Gendarmerie nicht davon aus, dass die zwei Polizisten, die in der Tatzeit mit Granatwerfern geschossen hatten, schuldhaft gehandelt haben. In dem Bericht schreiben die Sicherheitskräfte, dass sich Berkin während der Tatzeit innerhalb einer illegalen Demonstration befand und daher “keine notwendige Vorsicht für seine Sicherheit erbracht” habe.
In dem Ermittlungen rund um den Tod von Berkin Elvan wurden 18 Polizisten befragt. Nur einer von ihnen kam als möglicher Täter in Frage. Der Polizist mit den Initialen F.D. verrichtet seinen Dienst derzeit in der östlichen Provinz Van. Der Polizist wurde lediglich am 16. Prozesstag per Videokonferenzsystem SEGBIS zum Prozess zugeschaltet. Der 17. Prozesstag wurde auf den 18. März 2020 im Justizpalast Çağlayan in Istanbul festgesetzt.
Zum Jahrestag des Todes von Berkin hat die Mutter von Berkin Elvan mit der Nachrichtenagentur “Mezopotamya” gesprochen. Es sei schwer ohne das eigene Kind an der Seite zu lebenm, so Gülsüm Elvan. “Ich finde keine Worte mehr. Diejenigen, die meinen Sohn getötet haben, können weiter leben. Ich glaube nicht daran, dass es nur einer war, der meinen Sohn getötet hat. “Vom Befehlsgeber bis zu demjenigen, der den Abzug betätigt hat, sind alle verantwortlich.”
“Staats ist schuldig”
Mit dem Tod ihres Sohnes sei die Familie für schuldig erklärt worden. “Als ob es nicht gereicht hat, dass sie meinen Sohn umgebracht haben, haben sie ihn auch überall als Terroristen gebrandmarkt. Erst nach 6 Jahren haben sie ihre Aufklärungsarbeit abgeschlossen. Und in ihrem Bericht haben sie uns für schuldig erklärt. Weil das Kind auf die Straße gegangen und sich nicht schhützen konnte, werden wir beschuldigt. Der Staat, der keine Kinder schützen kann, ist schuldig. Nach den Gesetzen sind Kinder unter dem Schutz des Staates.”
Die Mutter des getöteten Jungen, Gülsüm Elvan, ruft daher die Bevölkerung auf zum 17. Prozesstag am 18. März 2020 im Justizpalast Çağlayan zu erscheinen.