Beinahe täglich tauchen neue Dokumente auf, die Licht ins Dunkel der strittigen Nach des Putschversuchs vom 15. Juli 2016 bringen könnten.
BOLD — Der im US-amerikanischen Exil lebende Journalist Adem Yavuz Arslan hat neue Dokumente zum Putschversuch vom Juli 2016 veröffentlicht. Demnach habe die türkische Regierung bereits Monate vor dem Putschversuch eine Reihe von türkischen Offizieren in einer Liste geführt und sie überwacht. Diese Liste stimme eins zu eins mit der Verhaftungsliste nach der Putschnacht überein, so der Journalist. Diesen Umstand würden Fehler belegen, die in beiden Listen übereinstimmend auftauchten. So sei der offizielle Status einiger Offiziere sowohl in der Liste der AKP, als auch in der Verhaftungsliste nach der Putschnacht fehlerhaft.
AKP-Liste in Putschnacht zur Verhaftungsliste umgewandelt
Genau auf solche übereinstimmende Fehler legte der Exil-Journalist Adem Yavuz Arslan seinen Fokus. Arslan sagt, dass auch schon der kleinste Fehler einen hervorragenden Plan auf den Kopf stellen könne. Diesen Fehler habe man damit geliefert, indem man die im Vorfeld vorbereiteten Listen zur Verfolgung von gewissen Personen im türkischen Militär, samt den Fehlern, einfach als Verhaftungsliste nach der Putschnacht übernahm. Selbst die Reihenfolge in beiden Listen sei identisch.
Bei seiner Recherche macht der Investigativjournalist auf ein Detail besonders aufmerksam: „Landstreitkräfte (KKK) Periode 2010. Der einzige, der in dieser Liste nicht auftaucht, heißt Eren Şen. Vor Gericht war Şen als Zeuge geladen und erzählte, dass er dem Staat alle Namen weitergeleitet habe, von denen er wüsste, dass sie Teil der Gülen-Bewegung seien.“, schildert Adem Yavuz Arslan.
Laut dem Journalisten soll der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan eine Gruppe von alten Soldaten und Politikern mit der Ausarbeitung dieser Listen beauftragt haben. Diese seien weit vor dem 15. Juli 2016 an den türkischen Geheimdienst MIT, die Sicherheitsbehörden und an das Amt des Staatspräsidenten weitergeleitet worden. Diese Personen hätten in der Öffentlichkeit preisgegeben, dass sie Listen mit mutmaßlichen Gülenisten vorbereitet hätten.
Verurteilter Oberst Köse entlarvt Liste
Laut Arslan habe der als Putschist verurteilte Oberst Muharrem Köse erstmals am 22. Oktober 2019, vor dem 25. Strafgericht in Ankara das Wort ergriffen und von den übereinstimmenden Fehlern in beiden Listen sprechen wollen. Doch der Richter hat Köse nicht sprechen lassen. Auf Drängen seines Anwalts hat Köse am Ende der Gerichtsverhandlung lediglich eine kurze Gelegenheit bekommen.
Oberst Muharrem Köse sagte, die vor dem 15. Juli erstellte Verfolgungsliste von mutmaßlichen Gülenisten sei nach der Putschnacht zu einer Verhaftungsliste geändert worden. Mit kurzen Beispielen schildert Köse, warum es sich bei beiden Listen um ein und dieselbe Liste handeln soll.
Eingetragen als Offizier des Heeres statt Luftwaffe
So sei beispielsweise Oberleutnant der Luftstreitkräfte, Tuba Özkan, am 15. Juli in Diyarbakır im Einsatz gewesen. Özkan soll in den Verfolgungslisten vor dem 15. Juli 2016 aber als Mitglied des Heeres aufgeführt worden sein. Derselbe Fehler sei auch in den Verhaftungslisten nach dem Putschversuch vom 15. Juli zu sehen.
Anlehnend an solche Fehler, die in beiden Listen identisch sind, stellt Adem Yavuz Arslan die These auf, dass am 15. Juli 2016 kein Putschversuch stattgefunden habe, sondern eine Aktion des türkischen Geheimdienstes MIT. Denn beide Listen seien, so Arslan, von derselben Gruppe erstellt worden. Der Exil-Journalist erinnert auch an die Aussage Erdoğans, der die Putschnacht als „Geschenk Gottes“ bezeichnete. Auf diese Art sei es Erdoğan gelungen, das türkische Militär, dass er als sein letztes Hindernis sah, von Tausenden Offizieren zu “säubern”.