Die Geschichte von Elif Aydın ist besonders traurig. Die zweifache Mutter musste in der Türkei mit ihrem dreijährigen Sohn ins Gefängnis. Zudem war sie in dieser Zeit auch schwanger.
Von Sevinç Özarslan
Elif Aydın ist eine von vielen Zehntausenden, die in den vergangenen drei Jahren in der Türkei aus politischen Gründen festgenommen wurden. Als die 31-jährige Lehrerin am 25. Mai 2018 verhaftet und ins Frauengefängnis von Gebze geführt wurde, war sie mit ihrem dritten Kind schwanger. Ihre zwei weiteren Kinder sind heute 6 und 3 Jahre alt. Ihren kleinen Sohn Musab konnte Elif Aydın nicht zurücklassen und nahm ihn mit ins Gefängnis. In der Zelle für 8 Personen bekam der kleine Musab kein eigenes Bett. Schwanger und mit einem kleinen Kind in einem engen Gefängnisbett musste sie die Nächte verbringen. So musste Elif Aydın viele Monate leben.
Verhaftung von Schwangeren per Gesetz verboten
Der Abgeordnete der pro-kurdischen HDP, Ömer Faruk Gergerlioğlu, ist einer der wenigen starken Stimmen für die Verteidigung von Menschenrechten in der Türkei. Er setzt sich unter anderem für Frauen wie Elif Aydın ein und fordert ihre Freilassungen.
Das türkische Gesetz untersagt eigentlich die Verhaftung von schwangeren Frauen. Doch dieses Gesetz hat für kurdische Aktivisten und Gülen-Anhänger offenbar keine Gültigkeit. Abgeordneter Gergerlioğlu hat im Falle Elif Aydın Strafanzeige gegen die verantwortlichen Richter und Staatsanwälte gestellt. Sein Antrag vom 1. Juli 2018 wurde erst heute, also nach ca. 1,5 Jahren beantwortet. Laut dem Menschenrechtler hat sich damit der Hohe Rat der Richter und Staatsanwälte (HSK) mitschuldig gemacht. Heute versucht Elif Aydın eine Stimme für alle anderen schwangeren Häftlinge zu sein.
Elif Aydın sei zweimal von der Treppe gestürzt
“Ich war die Verwalterin eines privaten Studierendenheimes. Das war die einzige Anschuldigung gegen mich. Mein Mann war aufgrund seiner Nähe zur Gülen-Bewegung ein Jahr in Haft. 9 Monate nach seiner Freilassung hat es mich getroffen. Mein ältestes Kind, damals fünf Jahre alt, blieb draußen und meinen damals 2 Jahre alten Sohn Musab nahm ich mit ins Gefängnis. Aber eigentlich waren wir zu dritt in Haft. Denn mein drittes Kind trug ich in mir. Wir haben zu dritt versucht jede Nacht in so einem engen Gefängnisbett zu schlafen.”
Zweimal sei die junge Mutter von drei Kindern von den Treppen gestürzt. Sie musste ins Krankenhaus gebracht werden. Auch ihr Kind sei von den Treppen gestürzt und habe sich dadurch verletzt. “In unserer Zelle waren wir insgesamt 8 Personen. Manchmal kam eine neunte Person dazu. Die Bedingungen in Haft sind für Mütter mit Kindern unerträglich. Gott sei Dank waren wir im Sommer im Gefängnis. In den kalten Monaten wurde der psychische Druck viel schlimmer. Wenn man drinnen bleiben ist es härter.”, so Elif Aydın. Die kalten Monate hätten Spuren bei Mutter und Sohn hinterlassen.
“Es war unhygienisch. Musabs Auge ist angeschwollen, weil er sich eine Infektion geschnappt hatte. Er ist vom Hochbett gefallen, weshalb auch sein Kopf angeschwollen ist. Ich musste all das als schwangere Frau erleben. Psychisch ging es mir überhaupt nicht gut. Es wurden weitere schwangere Frauen festgenommen und all das geht noch weiter. In den Gefängnissen gibt es für diese Frauen keine besondere Behandlung. Das Leben hinter Gittern ist sehr schwierig.”
Tausende Lehrer und Ausbilder festgenommen
Die Regierung um den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan hat es in den vergangenen Jahren vor allem auf Menschen mit einem höheren Bildungsstand abgesehen. Das zeigen die Statistiken eindeutig. So wurden in den vergangenen drei Jahren etwa 1400 Schulen, Kindergärten, Internate und Universitäten geschlossen, denen eine Nähe zur Gülen-Bewegung vorgeworfen wird. Dabei verloren etwa 30.000 Lehrer nicht nur ihre Stellen, sondern auch ihre Lehrerlizenzen. Zudem sind mehrere Tausend Lehrer festgenommen worden. Elif Aydın ist nur eine von vielen.
Die deutsche Version wurde leicht redaktionell bearbeitet. Das Original können Sie hier lesen.