Im US-amerikanischen Magazin “Erdoğan ” hat der Journalist Michael Peck das türkische Militär mit dem US-Militär verglichen und in einer Analyse dargelegt, wie die Türkei ihre eigenen Luftstreitkräfte zerstört.
BOLD / Übersetzung aus dem Englischen — Seit 1985 wird in den Vereinigten Staaten die renommierte Zeitschrift für internationale Beziehungen “The National Interest” veröffentlicht. In der jüngsten Ausgabe des Magazins geht es um die türkische Luftwaffe. Der Journalist und Sicherheitsexperte Michael Peck analysiert dabei die Deformation des türkischen Militärs nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 in der Türkei. Bezüglich der Luftstreitkraft spricht Peck sogar von Selbstzerstörung.
Die Türkei hat wertvolle qualifizierte Fachkräfte verschwendet
Laut Peck betrachtet die USA Kampfjetpiloten als besonders wertvolle Soldaten. Denn ihre Ausbildung dauere sehr lange und sei mit immensen Kosten verbunden. Michael Peck schreibt, dass ein Pilot der Kampfjets F-35 Ausbildungskosten in Höhe von 11 Millionen US-Dollar verursacht. Dabei sei der hohe Gehalt von erfahrenen Piloten in dieser hohen Summe nicht inkludiert. Dennoch, so Peck, sei die US-Regierung bereit, um erfahrene Piloten noch länger zu halten, jeweils eine halbe Million Dollar an Prämiengelder zu verteilen. In diesem Lichte erscheint der Umgang der türkischen Regierung mit seinen eigenen Soldaten als besonders fahrlässig. Denn ein Land, dass seine hoch ausgebildeten Piloten in Gefängnisse stecke, werfe nicht nur viel Geld weg, sondern verschwende unbezahlbare Ressourcen und wertvolle Fachkräfte.
Türkische F-16 Kampfjets fliegen alte Rentner
Peck beobachtet in seinem Beitrag für “The National Interest”, dass die türkische Regierung für einfache politische Interessen, die türkische Luftwaffe in die Hände von Rentner-Soldaten überlassen habe. “Derzeit werden die F-16 Jets mit Hilfe von Soldaten in Rente mit Mühen geflogen”, schreibt Peck.
Für Peck hat diese negative Entwicklung mit dem sogenannten Putschversuch vom 15. Juli 2016 begonnen. In seiner Analyse zum Putschveruch spricht der Autor von einem wirklich schlechten Szenario. “Der Putschversuch wird aus Gründen als sogenannter Putschversuch bezeichnet. Obwohl die türkische Streitkraft TSK, mit vier erfolgreichen Militärputschs zwischen 1960 und 1997, sehr geübt darin ist, zivile Regierungen zu stürzen, waren die Bemühungen 2016 lachhaft. Obschon die Soldaten für den Putsch die Bosporus-Brücke gesperrt haben, taten sie dies nur in eine Fahrtrichtung auf der Brücke. Videos auf YouTube zeigen Soldaten in Leopard Panzern, die sich einfachen Polizisten und Zivilisten ergeben. Das Passagierflugzeug von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan fliegt aus der Urlaubsregion Marmarıs nach Istanbul. Obwohl es von zwei F-16 Jets gesichtet wird, kann er leger in Istanbul landen.” so Peck. Er macht sich mit einem historischen Vergleich sogar lustig über die derzeitige Lage des türkischen Militärs. “Wenn die von der NATO, für die Leistungen im Kalten Krieg gegen die Sowjets, in den Himmel gelobte türkische Streitkraft sich so einfach ergibt, ist es ein Wunder, dass es dem Kreml nicht gelungen ist, den Bosporus zu erobern”.
Alles nur eine False Flag Operation?
Der Putsch wurde in weniger als einer Stunde beendet. War all das nur eine False Flag Operation, um ehemalige laizistische Generäle und verdeckte Gülen-Anhänger aus dem Militär zu verdrängen? Nach dem Putschversuch hat die Erdoğan-Regierung Vergeltung verübt. “Unzählige hochrangige Offiziere wurden suspendiert. Mehr als 300 F-16 Kampfjetpiloten wurden rausgeschmissen. Das türkische Militär wurde gezähmt. Die neo-osmanische Erdoğan Regierung, die zahlreiche Journalisten verhaften ließ, wurde noch stärker. Meine aktuelle Frage lautet: Wer soll die Kampfjets der Türkei fliegen? Wie klug ist es die türkische Luftwaffe derart zu schwächen, während auf der einen Seite der Krieg in Syrien tobt und das türkische Militär im Norden Syriens aktiv ist? Sogar der Pilot, der über syrischem Territorium ein russisches Kampfjet abgeschossen hat, wurde abgestellt.”, so die Behauptung von Peck.
Sämtliche Bemühungen umsonst
Laut Peck versuche die Türkei erfolglos Unterstützung im Ausland zu generieren, um das Ausbildungsproblem von Kampfjetpiloten zu überwinden. Doch Washingon weigere sich Ausbilder für Kampfjetpiloten in die Türkei zu senden. Auch die Hilfesuche der Türkei in Pakistan sei erfolglos geblieben. Die Ausbildung türkischer Soldaten durch Pakistan stelle ohnehin ein Problem in Bezug auf die Regularien von Waffenexport dar.
Der Atlantic Council, eine US-amerikanische Denkfabrik, hat einen Bericht zu diesem Thema herausgegeben. Demnach wird die Türkei demnächst 330 Piloten die Lizenzen annullieren, wenn diese insgesamt vier Jahr lang nicht zum Dienst in der Luftwaffe zurückgeführt werden. “Die Türkei nähert sich indes seinem historischen Feind Russland an. Noch vor nicht allzu langer Zeit hatte man sogar ein Kampfjet der Russen über Syrien abgeschossen. Obwohl bereits die Ankündigung die Beziehungen zu USA bedrohten, will man S-400 Raketen von den Russen erwerben.”, so Michael Peck in seinem Artikel weiter.
Die Türkei versucht ihre Schwäche in der Luftstreitkraft mit Raketenabwehrsysstemen zu schließen
Peck weist zugleich auf die Vereinbarung der Türkei mit dem französisch-italienischen Rüstungskonzern “Eurosam” hin. Dabei geht es hauptsächlich um Langstreckenabwehrsysteme. “Warum kümmert sich die Türkei so umfassend mit den Luftabwehrsystemen?”, fragt der Autor und bezieht sich bei seiner Antwort auf seine Frage auf Experten, wie beispielsweise auf die bekannte türkische Journalistin Verda Özer. Özer glaubt, dass Eingriffe in die türkische Armee “TSK” nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 eine wichtige Rolle bei dieser Frage spielten. Bei diesen Eingriffen sei die Zahl der F-16 Kampfjetpiloten drastisch gesunken. Dabei sei eine Schwächung entstanden, die man mit Raketenabwehrsystemen beheben wolle. “Aber nicht einmal die S-400 Abwehrraketen können die Probleme der Türkei in der Luftverteidigung vollständig beheben. Die S-400 Raketen können nicht gegen ballistische Raketen genutzt werden, ohne dass sie in die Luftverteidigungssysteme der NATO integriert werden”, schreibt Peck dazu. Deshalb brauche die Türkei zwei Systeme: Neben den S-400, die Flugzeuge der Rivalen anvisieren sollen, bedürfe es gleichzeitig auch an den Systemen der “Eurosam”, um ballistische Raketen abwehren zu können. Peck dazu: “Vielleicht wäre es ein leichterer Weg gewesen, statt all dem, die F-16 Kampfjetpiloten nicht zu entlassen.”