Die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan spricht offiziell von einer Nulltoleranz gegen Folter. Dennoch hat es im vergangenen Jahr zahlreiche Beschwerden gegen Folter durch Sicherheitsbeamte gegeben.
Der Oppositionspolitiker Sezgin Tanrıkulu (CHP) hat für das Jahr 2019 einen Folterbericht veröffentlicht. Demnach habe es vergangenes Jahr 1.474 Beschwerden wegen Folter und Misshandlung in Polizeigewahrsam oder bei Festnahmen gegeben. 1.160 Folterfälle sollen in Gefängnissen stattgefunden haben. Tanrıkulu geht davon aus, dass sehr viele Betroffene gar keine Beschwerde gegen ihre Peiniger einlegten und die Zahl der Folterfälle deswegen „erschreckend“ höher sei.
Insgesamt sollen 2.634 Beschwerden wegen Folter und Misshandlung gestellt worden sein, so der Oppositionspolitiker. So soll es zahlreiche Fälle gegeben haben, wo Demonstranten geschlagen worden sind. In den Gefängnissen soll es im vergangenen Jahr sogar 31 Todesfälle gegeben haben.
530 Personen bei Feuergefechten getötet
Nach dem Bericht von Tanrıkulu sollen 2019 insgesamt 16 Personen ihr Leben durch außergerichtliche Exekutionen und willkürliche Erschießung verloren haben. Bei Feuergefechten habe es zudem 530 Tote gegeben. „390 Tote Tote wurden als Mitglieder von illegalen Organisationen registriert. Zwei der bei Feuergefechten getöteten waren Kinder.“
Im vergangenen Jahr wurden zudem 3 Personen durch Polizei- oder Militärfahrzeuge getötet. Zehn Personen kamen auf ungeklärte Weise während ihres Wehrdienstes ums Leben.
2019 wurden darüber hinaus 474 Frauen getötet. Auch am Arbeitsplatz wurden zahlreichen Menschen getötet: Unter ihnen 103 Frauen, 64 Kinder und 99 Flüchtlinge. Insgesamt starben am Arbeitsplatz 1.736 Personen.
119 Journalisten festgenommen
Auch für Journalisten war das Jahr 2019 in der Türkei nicht erfreulich. 119 Journalisten wurden vorübergehend festgenommen. In 22 Fällen erging Haftbefehl. 670 Personen wurden in dieser Zeit festgenommen, weil sie sich in den sozialen Medien kritisch gezeigt haben. Im vergangenen Jahr waren zudem 134 Wissenschaftler in Haft.
Versammlungs- und Demonstrantionsverbot
In verschiedenen Provinzen hat es im vergangenen Jahr Demonstrantionsverbote gegeben. Dazu zählen Hakkari, Gaziantep, Tunceli, Şırnak, Mardin, Bitlis, Mersin, İzmir, Batman, Diyarbakır, Iğdır, Van, Düzce, Muş, Kars, Kocaeli, Siirt, Bursa, Urfa, Adana, Aydın, Eskişehir, Ağrı, Hasankeyf. In Van wurde am 21. November 2019 ein Demonstrationsverbot ausgerufen, der 1.143 andauerte. Insgesamt wurde 212 Demonstrationen verboten. Bei Pressemitteilungen und Protestaktionen wurden 2019 insgesamt 4.591 Personen festgenommen.