Die Pressefreiheit in der Türkei leidet schon seit vielen Jahren große Qualen und ist sehr eingeschränkt. Journalisten sind tagtäglich Repressalien ausgesetzt. Derzeit sind rund 180 Journalisten in türkischen Gefängnissen eingesperrt. Wie weit der Druck reicht, zeigt jetzt ein weiterer Fall. Wie türkische Medien berichten, wurden Presseausweise von regierungskritischen Journalisten annulliert. In der Türkei werden die Presseausweise seit kurzem direkt vom Präsidialamt ausgestellt.
Die Annullierung betrifft vor allem die linksorientierte Zeitung “Evrensel”. Journalisten, die für “Evrensel” arbeiten und mit regierungskritischen Beiträgen aufgefallen sind, haben in diesem Jahr keine neuen Presseausweise erhalten.
Eine enorme Einschränkung, wenn man bedenkt, dass Journalisten in der Türkei ohne Presseausweis nicht an öffentlichen Plenarsitzungen des türkischen Parlaments oder anderen Institutionen teilnehmen können.
Erdoğan trifft Entscheidungen über Presseausweise
Die Presseausweise wurden noch bis vor kurzem durch ein Gremium ausgestellt, das aus Journalisten und Staatsbediensteten bestand. Die Teilnahme von Staatsbediensteten war schon immer ein Kritikpunkt an diesem Gremium. Doch nach der Einführung des Präsidialsystems hat sich die Lage aus Sicht der Journalisten noch einmal verschlechtert. Denn seit dem Übergang hat das Amt des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan das Gremium, in dem auch Journalisten saßen, aufgelöst und die ganze Macht an das präsidiale Kommunikationsamt übertragen. Das hat dazu geführt, dass kritische Journalisten lange Zeit lang teilweise keine Presseausweise erhielten. Manchen Journalisten wurden die Presseausweise sogar gänzlich storniert.
Betroffen von den Stornierungen sind die Journalisten Fevzi Argun, der Chefredakteur der Zeitung “Evrensel”, Sultan Özer, Fatih Polat und weitere Mitarbeiter dieser Zeitung. Insgesamt sind 14 Mitarbeiter von Evrensel betroffen.
Auch Gewerkschaftsvorsitzender betroffen
Auch der Vorsitzende der Journalisten-Gewerkschaft in der Türkei (TGS), Gökhan Durmuş, ist von der Maßnahme betroffen. Durmuş ist gleichzeitig stellvertretender Chefredakteur von “Evrensel”. Nach eigenen Angaben bekamen die betroffenen Journalisten keine Information zu den Gründen der Annullierung von den zuständigen Behörden mitgeteilt. Wie viele Journalisten genau von den Annullierungen betroffen sind, ist bislang unbekannt.
Gülen-nahe Journalisten waren zuerst betroffen
Schon 2015 hatten Journalisten, denen eine Nähe zu der Gülen-Bewegung vorgeworfen wurde, gegen Annullierungen von Presseausweisen zu kämpfen. Die Gülen-Bewegung wird in der Türkei als terroristisch eingestuft, unter anderem weil der Bewegung eine Teilnahme am Putschversuch vom Juli 2016 vorgeworfen wird. Das ist aber bisweilen nicht belegt. So konnten viele Journalisten ihre Presseausweise nicht verlängern. 2016 ging man sogar einen Schritt weiter. Dutzend kritische Journalisten wurden festgenommen, einige sitzen noch immer in Haft. Danach traf es auch kurdische Journalisten. Die Repressalien gegen Journalisten scheinen auch 2020 kein Ende zu nehmen.
Auch Journalisten von “Birgün” bekommen keine neuen Presseausweise
Der Feldzug gegen krtitische Journalisten weitet sich auch auf Journalisten der Zeitung “Birgün” aus. Auch hier wurden die Akkreditierungen für zahlreiche Medienschaffende nicht verlängert. Auch ihre Presseausweise sind damit annuliert.